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Nicht nur der Ball, auch der Rubel rollt nicht

Corona-Krise stellt Vereine vor finanzielle Bewährungsprobe – Obleute im RUNDSCHAU-Gespräch über mögliche Folgen

Fußball ist mehr als nur „22 Spieler rennen einem Ball hinterher“. Selten zuvor wurde die Bedeutung des runden Leders einem so klar vor Augen geführt wie aktuell. Tausende von Amateurfußballern und Nachwuchskickern müssen zur Zeit ohne ihrem liebsten Hobby auskommen. Die RUNDSCHAU fragte bei den Obmännern der heimischen Clubs nach: Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise auf euren Verein?
5. Mai 2020 | von Alex Dosch
Nicht nur der Ball, auch der Rubel rollt nicht
Keine Einnahmen und gleichbleibende Ausgaben: Die Corona-Krise belastet den Amateursport auch finanziell. Foto: pixabay/Gerd Altmann
Von Alex Dosch

Martin Plattner/FC Zirl: Aus finanzieller Sicht sehr große. Bislang ist das Radl gelaufen, jetzt hat es plötzlich einen Stillstand und es liegt an uns, es wieder zum Laufen zu bringen. Zumal wir in Zirl keine Kantine oder sonstige Einnahmequellen haben, leben wir ausschliesslich von Sponsoren. Und die wollen für ihr Geld klarerweise eine Gegenleistung, die wir aktuell nicht erfüllen können. Wie es im Herbst weitergeht, werden wir diese Woche im Rahmen einer Vorstandssitzung (am Montag nach Redaktionsschluss, Anmerk.) besprechen. Aus meiner Sicht wird es finanziell sehr schwierig werden, eine regionalligataugliche Mannschaft auf die Beine zu stellen. Wir gehen jedenfalls kein finanzielles Risiko ein.   

Fabian Noldin/SV Telfs: Die Auswirkungen in gesellschaftlicher Hinsicht sind natürlich groß. Allein wenn man sieht, was wir im Herbst an Zuschauermassen mobilisiert haben. Und da sind wir genau beim Thema: Bei den Finanzen. Wir haben null Einnahmen, aber die Ausgaben bleiben dennoch. Die belaufen sich im Monat ungefähr auf 2.000 Euro für Wasser, Strom, Gas, Müll und diverse Versicherungen. Zum Glück haben wir in den letzten Jahren gut gewirtschaftet und uns ein finanzielles Polster geschaffen. Aber das wird immer kleiner. Und wenn im Herbst auch nicht gespielt wird, wird‘s knapp. 

Christian Putschner/Völser SV: Die Corona-Krise trifft uns heuer mehr, als sie es vielleicht ein anderes Jahr getan hätte. Durch den Umbau unseres Vereinsgebäudes haben wir im Herbst fast nur auswärts gespielt und hätten nun im Frühjahr elf Heimspiele. Diese Einnahmen fehlen, das spürt man auch. Andererseits planen wir immer auf lange Sicht und haben daher die Kosten aufs Notwendigste reduziert. Deshalb sollten wir nicht in finanzielle Turbulenzen geraten. Was viel mehr schmerzt ist die Tatsache, dass wir jetzt ein nigelnagelneues Stadion haben, das nur darauf wartet, eingeweiht zu werden, und wir nicht spielen können. Auch was die Aktivitäten anlässlich unserer großen 60-Jahr-Feier angeht – die Planungen laufen seit letztem Jahr – ist derzeit alles in Schwebe.

Arno Bucher/SV Kematen: Finanziell ist das Ganze für uns nicht so tragisch. Zwar haben wir keine Einnahmen, dafür sind aber auch die Ausgaben geringer. Das viel größere Problem sehe ich in der Frage: Wie motiviert kommen Spieler, Funktionäre und Nachwuchskicker von der Zwangspause zurück? Es war schon vor Corona nicht leicht, Trainer und Funktionäre zu finden. Wie wird es erst danach? Oder was ist mit jenen, die ihren Job verloren haben. Da gerät der Fußball dann ganz schnell mal an zweite Stelle. Andererseits glaube ich, dass die Politik gerade jetzt sieht, was sie an den Vereinen hat. Vor allem aus gesellschaftspolitischer Sicht gesehen. Ich hoffe, dass das Standing des Amateursports, insbesondere des Fußballs, dadurch steigt. 

Ernst Meier/FC Seefelder Plateau: Die Auswirkungen sind natürlich groß. Sowohl was das Gesellschaftliche, aber auch das Finanzielle anlangt. Allein wenn ich an Turniere denke, die nicht stattfinden können. Oder an Sponsoren, die vielleicht künftig wegfallen. Etwa die Hälfte unserer Einnahmen resultiert aus Werbetafeln oder dem Kantinenerlös bei Spielen und Turnieren. Meine größere Angst ist aber, dass sich vieles im Fußball verflüchtigt. Dass Spieler aufhören, dass sich Kinder andere Hobbys suchen. Ich mag gar nicht daran denken, wie es ist, wenn wir heuer gar nicht mehr zum Spielen kommen. Andererseits sehe ich die aktuelle Krise auch als Chance. Vielleicht schaffen wir es, künftig gewisse Dinge anders zu handhaben. 

Mathias Wegscheider/SV Oberperfuss: Finanzielle Einbußen sind natürlich da. Etwa Einnahmen aus dem Eintrittskartenverkauf oder der Kantine. Auch die Sponsorenbeiträge fehlen. Normalerweise schicken wir diese immer im Frühjahr aus, haben aber ob der Krise beschlossen, dass wir unsere Sponsoren jetzt nicht damit belasten wollen. Auch weil sich die Ausgaben bis auf wenige Fixkosten in Grenzen halten. Mehr mache ich mir Sorgen um den Nachwuchs. Es ist ja nicht ausgeschlossen, dass sich die Kinder in der fußballlosen Zeit andere Hobbys suchen und dem Fußball den Rücken kehren. 

Armin Singer/SV Götzens: Aus sportlicher Sicht gesehen ist für uns die Annullierung der Meisterschaft sehr schmerzhaft, weil wir eben auf einem Aufstiegsplatz gestanden sind. Und natürlich sind auch die finanziellen Auswirkungen schwerwiegend. Weil gewisse Kosten ja trotzdem anfallen. Uns fehlen wie allen anderen nicht nur die Zuschauereinnahmen, sondern auch Erlöse aus Veranstaltungen wie etwa die Fronleichnamsprozession oder das Kirchenpatrozinium „Peter & Paul“, bei dem wir für die Verköstigung zuständig gewesen wären und die eine der einnahmeseitigen Säulen des Vereins darstellen. Am meisten fehlt mir persönlich aber das Gesellige, das Zusammentreffen unter Freunden. 

Michael Kirchmair/SPG Axams-Grinzens: Gerade jetzt in der Krise zeigt sich, dass der Schritt, eine Spielgemeinschaft zwischen Axams und Grinzens einzugehen, der absolut richtige war. Die Zusammenarbeit klappt bestens, die Unterstützung der beiden Gemeinden ist super und wir sind finanziell gefestigt. Auch wenn Eintrittsgelder, Sponsoreneinnahmen oder etwa der Erlös aus dem geplanten Pfingstturnier fehlen. Aber die Gesundheit steht nunmal an erster Stelle. Und jetzt freuen wir uns einfach auf den Herbst. Unser Trainer Elvir Karahasanovic hat seinen Vertrag bereits verlängert und die Mannschaft steht mehr oder weniger auch schon.

Georg Wolf/FC Oberhofen: Die genauen finanziellen Auswirkungen sind noch gar nicht vorhersehbar, weil man nicht genau weiß, wie lange das Ganze dauert. Wenn es wirklich so weit kommt, dasa man erst wieder spielen darf, sobald es einen Impfstoff gibt, dann kann es für einige Vereine richtig problematisch werden, weil einem die Spieler davon laufen. Mir fehlt da auch ein wenig die Information seitens des Verbandes. Gesellschaftlich sehe ich weniger ein Problem. Natürlich fehlt der eine oder andere Ratscher. Andererseits kann ich jetzt die Zeit für andere Aktivitäten nutzen. 

Stefan Einackerer/TS Stams: Uns trifft nicht nur der Ausfall des sportlichen Betriebs, sondern auch die Absage des Pfingstfestes. Nun ist Schadensbegrenzung angesagt. Bis jetzt haben wir Verständnis für die getroffenen Maßnahmen. Wenn allerdings Normalität erst dann wieder gegeben sein soll, wenn es einen Impfstoff gibt, fürchte ich, dass auch im Herbst und darüber hinaus kein Spielbetrieb möglich ist. Tritt dies ein, wird ein Großteil der Vereine nicht mehr in der Lage sein, den Spielbetrieb „hochzufahren“. Die Ankündigung, ab Mitte Mai einen Trainingsbetrieb unter Einhaltung der Abstände zu ermöglichen, ist nur eine Übergangslösung. Fußball lebt vom Spiel – Fußballspielen lernt man durch das Spielen. Wenn wir die Fußballplätze weiterhin als solche nutzen wollen, brauchen wir ab Sommer einen geregelten Spielbetrieb. 

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