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Seltene Einigkeit über Präsidiums-Entscheid

Großteil der Unterhaus-Trainer versteht Meisterschaftsabbruch – Flaurlings Bertsch mit revolutionärem Vorschlag

Befürchtet ist es schon lange worden, seit vergangener Woche ist es Gewissheit: Das Coronavirus hat „König Fußball“ brutalst niedergestreckt. Covid-19, der unsichtbare Gegner, hat der schönsten Nebensache der Welt den Gar ausgemacht. Zumindest im Amateurbereich und mindestens bis Juli. Wann das Runde wieder ins Eckige rollt, mag aktuell niemand vorherzusagen. Beim Tiroler Fußballverband geht man von einem Neustart im Herbst aus. Aber selbst der scheint ungewiss. Die RUNDSCHAU sprach mit den Trainern über die derzeitige Situation.
21. April 2020 | von Alex Dosch
Seltene Einigkeit über Präsidiums-Entscheid
Selbst vor dem runden Leder machen die Corona-Schutzmaßnahmen nicht halt. „König Fußball“ muss sich geschlagen geben. Foto: pixabay
Von Alex Dosch

Daniel Osl/SV Telfs: Aus meiner Sicht ist die Entscheidung durchaus positiv zusehen. So habe ich bereits bei meiner ersten Trainerstation ein komplettes Frühjahr ohne Niederlage überstanden. Das kann nicht jeder Trainer über sich sagen. Nein im Ernst: Ich denke, dass es die beste Entscheidung ist. Auch wenn es wie immer Sieger, etwa die Teams die gegen den Abstieg spielten, und Verlierer, wie die Teams ganz vorne, gibt. Aber was wäre die Alternative gewesen? Wenn alles perfekt gelaufen wäre, hätten wir vielleicht Mitte Mai begonnen und hätten dann jeden zweiten Tag ein Spiel absolvieren müssen. Das wäre für einen Amateurspieler sicher nicht gesund. So gibt es jetzt genügend Zeit, die neue Saison zu planen. Allerdings muss man abwarten, wie sich die jetzigen Lockerungen auswirken. Wenn ich mir anschau, was aktuell schon wieder auf den Straßen und in den Geschäften los ist, dann habe ich meine Zweifel. Und eine zweite Welle, verbunden mit einer Absage des Herbstdurchgangs, wäre in meinen Augen der Tod für den Amateurfußball.   

Markus Schnellrieder/SV Kematen: Diese Entscheidung war zu erwarten und ist wahrscheinlich auch die richtige. Für den SVI als überlegener Tabellenführer ist es natürlich schade. Und für mich ist es ärgerlich, weil ich mit einer 1:2-Derbyniederlage gegen Völs aufgehört habe. Aber dafür haben wir das letzte Testspiel unter meiner Leitung gegen eine Kärntner Mannschaft gewonnen. Ob es im Herbst wieder normal weitergeht, kann ich mir nur schwer vorstellen. Wenn die zweite Welle kommt, geht sowieso nichts. Und Corona-Tests vor jedem Spiel sind nicht machbar. Das packen selbst Wattens und Wacker nur schwer.

Hans Glabonjat/Völser SV: Aus meiner Sicht beruht diese Entscheidung auf einer absoluten Notwendigkeit und ist völlig richtig. In solch einer Situation tritt der Sport total in den Hintergrund. Auch wenn uns solche Szenarien in der Wohlfühloase Tirol völlig unbekannt sind. Aber mir ist lieber, wir kriegen das mit dem Coronavirus hin. Was den Herbst anlangt, bin ich eher skeptisch. Ich glaube nicht, dass es etwa im Juli mit Freundschaftsspielen weitergeht. Das wäre zwar schade, ist aber zu akzeptieren.    

Farid Lener/FC Seefelder Plateau: Aus unserer Sicht ist die Entscheidung natürlich erfreulich, weil wir mitten im Abstiegskampf waren. Aber ich glaube, wir hätten den Klassenerhalt auch aus eigener Kraft geschafft. Die Gesamtsituation ist mit Home-Office, Quarantäne und anderen Einschränkungen für alle außergewöhnlich. Auch was die Freizeitaktivitäten betrifft. Natürlich ist es schön, wenn du jetzt mehr Zeit für die Familie hast. Aber der Fußball geht einem schon ab. Vor allem wenn man solange dabei ist wie ich. Prinzipiell kann ich mir schon vorstellen, dass es im Herbst wieder los geht. Aber wenn ich höre, dass es ein Veranstaltungsverbot bis August gibt, dann bin ich mir nicht mehr so sicher. Grundsätzlich finde ich das alles ein wenig überzogen.

Thomas Pichlmann/SV Götzens: Mit fünf Punkten Vorsprung auf einen Nichtaufstiegsplatz zählen wir sicherlich zu den Leidtragenden dieser Entscheidung. Aber man kann halt nicht in die berühmte Glaskugel schauen. Von dem her war die Entscheidung sicher keine leichte, aber am Ende des Tages eine verständliche. Dennoch gibt es für mich einige Fragezeichen. Was passiert mit etwaigen Regress-Forderungen der Vereine? Zum Beispiel was Strafen aus dem Herbst angeht. Oder wie geht es weiter, wenn im Herbst auch nicht gespielt werden kann? Da hätte ich es als gut empfunden, wenn man sich ein Hintertürchen offen gelassen hätte. Etwa, dass man die jetzt abgesagt Rückrunde im Frühjahr 2021 nachholt. Das wäre wohl  überhaupt die fairste Lösung gewesen. Wie auch immer: Hauptsache wir spielen wieder Fußball. Je früher desto besser. 

Christian Mautner/FC Oberhofen: Die Meisterschaft vorzeitig abzubrechen ist absolut gerechtfertigt und ist die einzig richtige Entscheidung. Auch wenn jene Mannschaften die vorne waren, damit klarerweise keine Freude haben werden. Was die neue Saison betrifft, gehe ich, stand jetzt, davon aus, dass wir spielen. Die nächsten zwei Wochen werden ein Gradmesser. Zeigt die Infektions-Kurve trotz der ganzen Lockerungen weiter nach unten, ist ein Start im Herbst realistisch. Geht die Kurve nach oben, wird’s eng. 

Helmut Bratusek/SU Inzing: Als Tabellenletzter können wir diese Entscheidung natürlich nur begrüßen. Davon abgesehen glaube ich, dass es die beste Lösung ist. Um etwa auf eine Ganzjahresmeisterschaft umzustellen, dafür war einfach die Vorlaufzeit zu kurz. Über die Saison 2020/21 mache ich mir jetzt noch keine Gedanken, weil es noch offen ist, ob ich weiter in Inzing bleibe. 

Helmut Bertsch/FC Flaurling/Polling: Ich kann die Entscheidung, die Saison komplett zu canceln, nicht nachvollziehen. Man hat es sich meiner Meinung nach zu einfach gemacht. Es wurde wieder einmal über die Köpfe der Vereine hinweg entschieden. Warum hat man sich nicht ein Feedback von den Clubs geholt? Es wäre ja zum Beispiel auch vorstellbar, dass man die Punkte aus dem Herbst in die neue Saison mitnimmt. Dann wären jene Mannschaften die bis jetzt vorne waren, nicht ganz so benachteiligt. Und jene die hinten waren, hätten nochmal eine ganze Saison Zeit, den Rückstand aufzuholen. Was den Start der Saison 2020/21 angeht, bin ich optimistisch, weil das Zeitfenster groß genug ist. Allerdings muss eine Vorbereitungszeit von mindestens vier Wochen gewährleistet sein. 

Christoph Pardeller/ESV Hatting-Pettnau: Im Prinzip war der Abbruch die einzige Möglichkeit. Alles andere wäre nicht fair gewesen. Jetzt hoffen wir halt, dass sich alles ein wenig beruhigt, es wieder in Richtung Normalität geht und wir im Herbst wieder Fußballspielen können.  
Seltene Einigkeit über Präsidiums-Entscheid
Für Farid Lener und seinem abstiegsgefährdeten FC Seefelder Plateau kommt der meisterschaftsabbruch nicht ungelegen. Foto: sportszene.tirol
Seltene Einigkeit über Präsidiums-Entscheid
Geht es nach Flaurling-Coach Helmut Bertsch sollen die Punkte aus dem Herbst in die neue Saison mitgenommen werden. Foto: sportszene.tirol

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