Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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„Und jetzt?“ – Die Frage nach der Vollbremsung

Die „6. Seefelder Tourismusgespräche“ gingen vergangenen Donnerstag im Kongresszentrum über die Bühne

Nach der pandemiebedingten Vollbremsung im Tourismus beschäftigte sich die Branche im Rahmen der sechsten „Seefelder Tourismusgespräche“ mit der zentralen Frage „Und jetzt?“. Im Olympia- und Kongresszentrum haben sich dafür Hoteliers, Tourismustreibende, Tourismusberater, Verbände und Politik eingefunden.
27. September 2021 | von Beatrice Hackl
„Und jetzt?“ – Die Frage nach der Vollbremsung<br />
Bei den Seefelder Tourismusgesprächen: TVB-Geschäftsführer Elias Walser und Markus Wackerle, der amtsführende Vizebürgermeister. RS-Fotos: Hackl
Von Beatrice Hackl

Ein Virus hat die Welt aus den Angeln gehoben. Die Tourismusbranche hat es besonders hart getroffen. Jetzt gilt es, wieder Mut zu fassen und in die Zukunft zu blicken. Die Tourismusgespräche dienten als Plattform um entsprechende Fragen zu stellen und nach möglichen Antworten zu suchen: Bleibt alles beim Alten oder wird der Tourismus ein neuer sein? Welche Trends werden erfolgsentscheidend sein? In diesem Sinne stellte Andreas Reiter seinen Impulsvortrag unter den Titel: „Alles bleibt anders – Tourismus nach der Krise“. Der Tourismus sei die Gegenwelt zum Alltag und werde somit immer seine Berechtigung haben. „Ich bin mir sicher, dass Fernreisen bald wieder stärker in Anspruch genommen werden. Der Binnentourismus wird sich großteils wieder bereinigen. Die Frage ist allerdings, ob wir künftig noch dieselben Urlaubs- und Freizeitformate brauchen werden. Es scheint neue Spielregeln zu geben, insbesondere soziale Achtsamkeit wird für Reisende immer wichtiger. Es wird zwar auch weiterhin einen Massentourismus geben, aber dieser wird sich auf bestimmte Punkte konzentrieren und andere Bereiche werden hinsichtlich einer Gemeinwohlorientierung entlastet werden. Es lassen sich Tendenzen in Richtung Dematerialisierung erkennen. Das verstärkte ökologische Kreislaufdenken der jungen Generation sorgt für den Wandel. Eine dringende Frage wird zudem lauten: Wen wollen wir ansprechen? Eine Tourisktikern meinte unlängst: ‚Wir wollen gar nicht mehr alle Gäste zurück, sondern die richtigen‘. Wünschenswert folglich weniger Ankünfte, und dass sich dennoch eine höhere Wertschöpfung generieren ließe“, schildert Reiter das paradoxe Szenario. Es ließe sich zudem eine klare Verlagerung von Innenräumen nach Draußen beobachten. „Viele wollen sich abseits des Mainstreams in der Natur bewegen. Die Natur ist der Sehnsuchtsort schlechthin. Der Outdoor-Boom ist dem damit verbundenem Freiheitsgefühl geschuldet. Draußen ist das neue Drinnen. Hierfür braucht es aber ein entsprechendes Zutrittsmanagement und die Erlebnisqualität gilt es zu verbessern. Menschen wollen Dinge selbst erfahren. Sie wünschen sich eine multisensuelle Erfahrung, sie wollen tiefer eintauchen. Gefragt ist eine Reduktion wie z.B. eine Sternen-Nachtwanderung. Die Generation Greta fordert Nachhaltigkeitsziele ein. Sie reisen anders und zugleich selektiver. Aber auch der Business-Tourismus verändert sich. Bereits jetzt wird einiges darangesetzt, diesen radikal zu reduzieren.“ 

Premium-Tourismus als Seefelds Zukunft. „Ich kann natürlich nur für Seefeld sprechen. Dem Vortrag von Andreas Reiter stimme ich insofern zu, als dass wir uns künftig auf einen Premium-Tourismus konzentrieren sollten. Früher hatten wir beides, Low-Budget bzw. Masse und Premium. Seit der Pandemie hat sich vieles in Richtung Premium verlagert, und die Qualität ist hoch. Das ist per se nichts Schlechtes. Premium-Tourismus ist nicht gleichbedeutend mit Luxus-Tourismus. Vielmehr noch: Premium darf nicht gleich Luxus sein. Sowohl ein Zimmer in einer Privatpension sowie eines in einem Sternehaus können als Premium gelten. Aber ich gebe zu, dass ich die Preisentwicklung kritisch sehe. Das Preis-Leistungsverhältnis muss stimmen. Unsere Zielmärkte – Österreich, Schweiz und Deutschland – dürfen nicht aus den Augen verloren werden. Der Großteil muss sich den Urlaub bei uns auch weiterhin leisten können“, ist TVB-Geschäftsführer Elias Walser überzeugt und spricht gegenüber der RUNDSCHAU zwei große Herausforderung der Tourismusbranche an: „Wir dürfen unsere wunderschöne Natur keinesfalls überlasten. Folglich gilt es die Besucher – Einheimische und Gäste – zu lenken. Das wird ein großes Thema. Der noch immer vorherrschende Mitarbeitermangel ist ein großes Problem. Wir sind in allen Bereichen der Branche auf der Suche nach Personal. Leider ist es uns noch nicht gelungen zu zeigen, dass eine Karriere im Tourismus auch mit Familie möglich ist und dass auch die Verdienstmöglichkeiten reizvoll sind. Markus Wackerle, Seefelds amtsführender Vizebürgermeister, war auch zugegen. Das gehöre sich so, und zudem interessiere es ihn ohnehin: „Außerdem können wir die Zukunft nur gemeinsam gestalten – der TVB, die Touristiker und wir als Gemeinde. Nur gemeinsam sind wir stark und können Ziele umsetzen. Und ich glaube, die Zukunft des Tourismus liegt in der Qualität und nicht in der Quantität.“
„Und jetzt?“ – Die Frage nach der Vollbremsung<br />
Andreas Reiter stellte seinen Impulsvortrag unter den Titel: „Alles bleibt anders – Tourismus nach der Krise“.

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