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Was die Wirtschaft zum Gedeihen braucht

Vertreter der Tiroler Wirtschaftstreibenden mit Rückblick auf das vergangene Jahr und Wünsche für die Zukunft

Die letzten Jahre brachten große Herausforderungen für die Tiroler
Unternehmen mit sich. Nachdem die Belastungen durch Corona langsam in den Hintergrund gerieten, sorgte mit Februar 2022 der Krieg in der Ukraine für neue Turbulenzen – die Ausgangslage zu Jahresbeginn war wahrlich schon einmal einfacher. Trotz allem präsentierte sich die Tiroler Wirtschaft recht robust.
18. Jänner 2023 | von Martin Grüneis
Was die Wirtschaft zum Gedeihen braucht<br />
Im Bild: Michael Pfeifer (CEO Pfeifer Group), WK-Präsident Christoph Walser, WK-Direktorin Evelyn Geiger-Anker, Bezirksstellenleiter Nico Tilg, Bezirksobmann Josef Huber und Ulf Schmid (Sparte Transport und Verkehr) (v.l.).RS-Foto: Grüneis
Von Martin Grüneis

„Die Themen, Probleme und Aufgaben sind nicht weniger geworden“, so Josef Huber, Obmann der Wirtschaftskammer Imst. „Grundsätzlich muss man rückblickend sagen, dass wir mit der Corona-Pandemie und dem Einmarsch der Russen in der Ukraine Jahre hinter uns haben, die mehr als herausfordernd waren. Trotz allem sind die Unternehmen recht gut durch die Krisen gekommen“, erklärt Christoph Walser, Präsident der Wirtschaftskammer Tirol. Lieferengpässe, Einschränkungen bei der Planbarkeit  und der Arbeitskräftemangel machen den Tiroler Betrieben zu schaffen. Eine hohe Inflation und steigende Energiekosten kommen erschwerend hinzu. „Das hat sich in der zweiten Hälfte des Jahres 2022 deutlich spürbar gemacht. Wir hatten aber trotz allem ein Wirtschaftswachstum von sechs bis sieben Prozent. Man muss aber auch bedenken, dass wir in den letzten Jahren einen massiven Einbruch hatten“, erklärt Walser. Vorausschauend auf das Jahr 2023 werde es wahrscheinlich ein Wachstum von bis zu zwei Prozent geben. Zu einer Stagnationsphase werde es voraussichtlich in der Tiroler Bauwirtschaft und in den Tiroler Industrie kommen. Insbesondere die Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft dürfte in diesem Jahr aber wachsen. „Die Buchungssituation, die wir momentan haben, und auch der Ausblick auf den Sommer lassen Gutes erwarten“, erklärt der WK-Präsident. „Der Tourismus ist einer der großen Leistungsträger bei uns im Bezirk“, sagt Josef Huber, Obmann der WK Imst. „Leider gibt es mittlerweile keine andere Branche, auf die mehr draufgehauen wird – und das ist eigentlich paradox.“

UM WETTBEWERBSFÄHIG ZU BLEIBEN, BRAUCHE ES UNTERSTÜTZUNG DER POLITIK. Die von Seiten der Wirtschaftskammer an die politischen Entscheidungsträger gerichteten Appelle hätten jedenfalls Früchte getragen. „Von Seiten des Bundes hat es mit dem Energiekostenzuschuss sehr gute Hilfen gegeben. Vor allem in den letzten Wochen ist nochmals Bewegung in die Sache gekommen, da Deutschland mit der Energiepreisbremse die Latte noch einmal höher gelegt hat“, zeigt Walser auf. Der Energiekostenzuschuss 1 wurde bis Dezember 2022 verlängert, für 2023 kommt der Energiekostenzuschuss 2. Die Förderintensität der für KMU wichtigen Stufe 1 wird von 30 auf 60 Prozent verdoppelt und der Zugang erleichtert. „Der zweite Bereich, der uns massiv trifft, ist der Arbeiter- und Fachkräftemangel“, so WK-Präsident Walser, der ausführt: „Es ist wichtig, dass wir unsere Forderungen immer wieder wiederholen – diese beginnen bei besseren Rahmenbedingungen für die Lehre über den intensiven Ausbau der Kinderbetreuung bis hin zu steuerbegünstigten Überstunden und das Pensionisten steuerbegünstigt – unsere Forderung ist sogar steuerfrei – in der Pension weiterarbeiten können.“ Ein wesentlicher Faktor werde außerdem eine qualifizierte Zuwanderung sein. Walser fordert einen leichteren Zugang zur Rot-Weiß-Rot-Karte und eine Erhöhung der Saisonkontingente im Tourismus. „Ein ganz großes Thema sind aber auch die Asylanten“, sagt Walser. Er würde sich wünschen, dass diese am Arbeitsmarkt tätig sein können während sie auf ihren Bescheid warten. „Momentan ist das nicht möglich – sie könnten nicht, auch wenn sie wollen würden. Das ist aus unserer Sicht falsch“, erklärt der WK-Präsident. Darüber hinaus insistiert Walser, dass der Leitzinssatz nicht mehr erhöht werden solle, sobald die Inflation ein erträgliches Niveau erreicht – dies würde schließlich auf die Investitionsfreude der Unternehmer und Privatpersonen drücken. Im Zuge dessen verwies er ebenso auf die Verschärfung bei der Vergabe von Krediten. „Da braucht es Veränderungen“, so der WK-Präsident, andernfalls würde sich dies nämlich negativ auf den Standort Tirol auswirken.

VORSORGEFLÄCHEN FÜR GEWERBEGEBIETE. „Wir brauchen Vorsorgeflächen für unsere Betriebe“, sagt Josef Huber, Obmann der WK Imst. „Wer nicht in der Lage ist, seinen Betrieb so weiterzuentwickeln und zu erweitern wie es der Markt verlangt, kann womöglich nicht bestehen“, erklärt Huber. Zudem gelte es, jungen, umweltfreundlichen Unternehmen die Möglichkeit zu geben, sich in der Region zu verwirklichen. Der Wirtschaftskammer sei es daher ein großes Anliegen, dass analog zum Modell der „landwirtschaftlichen Vorsorgeflächen“ auch „gewerbliche Vorsorgeflächen“ im Raumordnungsplan Betracht finden. Im Zuge dessen sprach Huber ebenso die Gefahrenzonenpläne an, die die ohnehin knappen Dauersiedlungs- und Gewerbeflächen nochmals einschränken würden. Mit Freude habe er vernommen, dass der Malchbach und der Schinderbach verbaut werden. Diesbezüglich vermisse er aber noch eine Lösung für die Fabrikstraße in Imst. „Man darf nicht vergessen, diese Probleme beschäftigen die Unternehmer. Alle, die in einer gelben oder roten Zone sind, sind massiv in ihrem Tun eingeschränkt“, erklärt der Bezirksobmann. Zum neuen Gefahrenzonenplan Piger (Gurglbach), der jüngst zur Einsichtnahme auflag, habe die Wirtschaftskammer Imst jedenfalls eine Stellungnahme eingereicht.

FERNPASS. Die Wirtschaft ist natürlich auch auf eine gute Verkehrsanbindung angewiesen. Ulf Schmid von der Sparte Transport und Verkehr fordert darum höhere Investitionen in die Infrastruktur – nur so könne die Versorgungssicherheit garantiert werden. Mit Blick auf den Fernpass fordert er den Bau des Fernpass-Scheiteltunnels als schnellstmögliche Lösung ein. Aufgrund versäumter Wartungsarbeiten drohe die Fernpass-Strecke nämlich zu kollabieren. Diese sei schließlich auch die einzige ganzjährige Verbindung ins benachbarte Außerfern. Mit Blick auf den Arbeitskräftemangel gab Schmid außerdem zu bedenken, dass Arbeiter aus dem Bezirk Reutte, die gerne im Bezirk Imst arbeiten wollen würden, sich womöglich aufgrund der Verkehrsanbindung für die angrenzenden Gebiete in Deutschland entscheiden würden. Die Finanzierung des Bauvorhabens muss in den Augen von WK-Bezirksobmann Huber ohne die Erhebung einer Maut für den entstehenden Tunnel vonstattengehen, da dies einen Wettbewerbsnachteil für die Wirtschaftsbetriebe aus den Bezirken Imst und Reutte bedeuten würde. „Die Verbesserung der Situation am Fernpass-Scheiteltunnel ist nur der erste Schritt einer nachhaltigen Lösung, sodass es in der Folge auch den Ausbau des Tschirganttunnels brauchen wird“, so Huber weiter.

BELEBUNG DER IMSTER INNENSTADT. Eine weitere Herzensangelegenheit ist der WK-Bezirksstelle die Belebung der Imster Innenstadt und daher freilich das Decorona-Haus. „Ich bin sehr dankbar, dass sich die Gemeinde und deren Mitglieder mehrheitlich für dieses Projekt aussprechen“, so Huber. „Wenn wir diese Chance nicht nutzen, haben wir wahrscheinlich auf lange Zeit keine mehr.“ Für den WK-Bezirks-obmann sei das Decorona-Projekt ein Leuchtturmprojekt, dass „künftig andere Hausbesitzer und Investoren dazu ermutigen kann, das Gleiche zu tun“.

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