„Der Vorschlag der Kommission geht auf eine fundierte Datenerhebung zurück, die in puncto Wolfspopulationen aufzeigt, was von uns Tirolern bereits mehrfach in Brüssel und Straßburg dargestellt worden ist“, sagt die Tiroler Europaparlamentarierin Barbara Thaler. Die Zukunft müsse ein klares Wildtiermanagement auch für Großraubtiere wie Wölfe sein – vor allem Schad- und Problemwölfe müssten in Zukunft einfacher entnommen werden können. SP-Bezirkschef LA Benedikt Lentsch begrüßt die Empfehlung der EU-Kommission: „Der Richtungswechsel auf europäischer Ebene zeigt ganz klar: Die EU bestätigt den Tiroler Weg in der Wolfsfrage.“ Dass die EU-Kommission nun endlich einlenkt und den Schutzstatus des Wolfes senken will, mache auch den Weg frei für grenzüberschreitendes Wolfsmanagement. Das alles wird aber nicht morgen passieren.
ES DAUERT NOCH. Wann die Herabstufung tatsächlich vorgenommen wird, ist schwer zu beantworten – es wird aber jedenfalls noch ein Jahr dauern, wie das Büro der Europaabgeordneten erklärt. Das recht komplizierte Prozedere bis dahin beinhaltet u. a. die Entscheidung der Mitgliedstaaten über den Herabstufungs-Vorschlag der Kommission; sobald der Vorschlag angenommen wurde, wird er von der EU dem Ständigen Ausschuss des Berner Übereinkommens vorgelegt. Danach kann die Kommission vorschlagen, den Schutzstatus des Wolfs in der EU anzupassen, dem dann allen 51 Unterzeichnern der Berner Konvention zustimmen müssen. Die Herabstufung von „streng geschützt“ auf „geschützt“ bedeutet sowohl nach der Berner Konvention als auch nach der EU-Habitatrichtlinie die Genehmigung zur Jagd – aber unter Berücksichtigung der Erhaltung der Populationen. „Die Bejagung einer solchen Art muss von den Mitgliedstaaten sorgfältig geregelt werden, da sie weiter verpflichtet sind, dafür zu sorgen, dass der günstige Erhaltungszustand der Populationen in ihren biogeografischen Regionen erreicht und erhalten wird“, teilt das Büro Thaler mit. Inzwischen wird in Tirol in Sachen Schadwölfe weiterhin der Weg über Verordnungen begangen – die EU scheint wenig dagegen zu haben: „Die Kommission fordert die nationalen und lokalen Behörden weiterhin nachdrücklich dazu auf, mit Unterstützung der EU im derzeitigen Rahmen die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, und stellt ihnen gleichzeitig weitere Spielräume für das Wolfsmanagement in Aussicht, falls sich die bestehenden als unzureichend erweisen“, teilt die Europäische Kommission mit. Präsidentin Ursula von der Leyen sagte dazu: „Ich bin fest überzeugt, dass wir gezielte Lösungen finden können und werden, um nicht nur die biologische Vielfalt, sondern auch die Lebensgrundlage unserer Landbevölkerung zu schützen.“
GANZJÄHRIGE BEJAGBARKEIT. Landwirtschaftskammer-Landeck-Leiter Peter Frank ist erfreut über die Ambitionen auf EU-Ebene: „Das ist sicher eine positive Nachricht für die Almbauern und die Bauern insgesamt.“ Damit sei vor einem Jahr noch nicht zu rechnen gewesen. Der Bezirksstellenleiter und Bezirksobmann Elmar Monz habe der EU erst im August Unterlagen geliefert, wie’s im Bezirk ausschaut. In ihrer Stellungnahme fordern sie – auch aufgrund von Rissen in der Nähe des Siedlungsraumes – dringend dazu auf, „die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Rettung der Alm- und Berglandwirtschaft zu schaffen, was eine ganzjährige Bejagung der Großraubtiere bedeutet“. Mit dem Tiroler Weg über Abschussverordnungen gibt es inzwischen auch heuer eine Interventionsmöglichkeit im Falle von Schadwölfen, die im vergangenen Jahr schon Wirkung gezeigt hat: Es habe weniger Risse in Tirol gegeben als im Jahr zuvor. Im Bezirk Landeck war 2023 in Sachen Schadwölfe ein relativ ruhiges Jahr: Im Juli und im September kamen in Pfunds und in Fließ Schaf- bzw. Ziegenbauern zu Schaden.
„Bestimmte Gebiete und Regionen stark betroffen“
Eine im Dezember veröffentlichte eingehende Analyse zeigt, dass die Wolfspopulationen in den letzten zwei Jahrzehnten in Europa erheblich zugenommen haben und immer größere Gebiete besiedeln. Es gibt mehr als 20.000 Wölfe mit meist wachsenden Populationen und expandierenden Streifgebieten sowie Rudel mit Welpen in 23 Mitgliedstaaten. Diese Zunahme bringt den Wolf jedoch zunehmend in Konflikt mit menschlichen Aktivitäten, insbesondere durch Nutzviehschäden, „wobei bestimmte Gebiete und Regionen stark betroffen sind“, wie die EU-Kommission mitteilt. Da sich die Gegebenheiten geändert haben, sei nun eine Anpassung des rechtlichen Schutzstatus gerechtfertigt. Es stehen auch EU-Mittel zur Verfügung, um angemessene Investitionen in geeignete Schadensverhütungsmaßnahmen zu fördern, die für die Verringerung der Nutzviehrisse durch den Wolf von entscheidender Bedeutung bleiben.
LK-Chef Peter Frank: „Sicher eine positive Nachricht“. RS-Foto: Archiv