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Ehrwalder weiterhin kämpferisch

Hallenbad-Diskussion beherrschte Gemeindevollversammlung

Knapp 250 EhrwalderInnen kamen am Dienstag, dem 5. September, zur ersten öffentlichen Gemeindeversammlung im generalsanierten Zugspitzsaal. Die letzte Vollversammlung im Februar 2022 war 19 Monate her und das Interesse entsprechend groß - vor allem am letzten Tagespunkt. Alle Fragen und Meinungsäußerungen in der Diskussion nach den Vorträgen betrafen ausschließlich die Arbeitsergebnisse des Hallenbadgremiums.
7. September 2023 | von Von Juliane Wimmer
Kein teurer Neubau, aber Erhalt & Sanierung - auf der Gemeindevollversammlung im Ehrwalder Zugspitzsaal machte sich die Bevölkerung für ihr Hallenbad stark. RS-Foto: Wimmer
Von Juliane Wimmer

Zum Sitzungsbeginn ab 19 Uhr stellten Bürgermeister Markus Köck und seine Referenten wichtige Informationen über die Arbeit des Gemeinderates, Pflege, Trinkwassersicherung und eine geplante Wohnanlage im Neubaugebiet Schmiede vor (s. Kasten). Köck fasste als Herausforderung für die zukünftige Arbeit der Gemeinde zusammen: „Der Wunschkatalog ist groß, Notwendigkeiten und Pflichten gilt es aber zuerst zu stemmen.“

BERICHT GESCHÄFTSFÜHRER & LAND. Erst nach 1 Stunde 45 Minuten begann der Bericht des Hallenbad-Gremiums. Der Geschäftsführer der „Freizeitbetriebe“ Harald Schönherr erklärte, dass im Vergleich zum Vorjahreszeitraum im Dezember 2022 bis Februar 2023 das Hallenbad ein Minus von 812.00 Euro gemacht hat. TVB und Gemeinde haben jeweils ca. 55.000 Euro mehr zahlen müssen. Gegen die Weiterführung des Bades spreche v. a. das geringe Einzugsgebiet der Gemeinde und dass andere „erfolgreichere“ Bäder wie z. B. das in Leutasch doppelt so teure Eintrittspreise haben. Magnus Gratl vom Büro des Landeshauptmannes bekräftige diese Bedenken und berichtete von anderen Bäderschließungen - u. a. von St. Ulrich am Pillersee, die die Räumlichkeiten ihres Bades nun einem neuen Zweck zuführen.

VARIANTE OHNE WASSER. Danach verlas Vizebürgermeister Gert Köpfle die Vorschläge des Hallenbad-Gremiums. Die trockene Variante: „Wir Touristiker sind nicht gegen das Hallenbad, sehen die Sanierung aber als sehr wahrscheinlich nicht finanzierbar an.“ Als Alternativ-Schlechtwetterangebot für Einheimische und Gäste schlägt das TZA-Teilgremium eine Kinderspielewelt, ein Fitnessstudio, ein Restaurant, das Irish Pub im Saunabereich (Keller) und eine Bowling-Anlage (anstelle der Garagen) vor. In einer zweiten Bauphase werden ein Parkhaus und Markstände von regionalen Produkten und Nahversorgern aus allen sieben TZA-Gemeinden vorgeschlagen.

VARIANTE MIT WASSER. Der Vorschlag „nasse Variante“ (ausgearbeitet von den Gemeinderäten Wilhelm, Steger und Köpfle) sieht eine Restaurant-Erweiterung inkl. Küchen-Verbesserung, eine Dachsanierung, ein reduziertes Badebecken zwecks Kostenersparnis (zwei Langbahnen, drei Kurzbahnen), Sanierung der Technik, ein kleines Außenbecken, ein neues Kassensystem sowie die Sanierung der Sanitäranlagen vor. Optional kann der ehemalige Fitnessraum als Jugendraum umfunktioniert werden, das Irish Pub in den Sauna-Keller umsiedeln und ein Kinderhort samt Spielhalle auf das Dach des Umkleidetraktes gebaut werden.

KOSTEN. Geschätzte Kosten beider Varianten belaufen sich auf 4,5 bis 5 Millionen Euro und erfüllen somit die Vorgaben. Da keine Förderungen vom Land zu erwarten sind und voraussichtlich andere Gemeinden (wie Lermoos) keine Geldmittel beisteuern, haben sich laut Vizebürgermeister die zur Verfügung stehenden Mittel seit der letzten Gemeindeversammlung im März (von 6 bis 7 Millionen Euro) noch einmal um 1 bis 2 Millionen reduziert.

DISKUSSION UND.... Nach 2 Stunden 45 Minuten, um 21.45 Uhr, startete die Diskussion mit den Bürgern. Alt-GR Andreas H. führte an, dass der Wille für ein neues Bad bereits bei der vorherigen Gemeindeführung dagewesen sei; das Bad war 50 Jahre leistbar, nun sei es leider nicht mehr so. Dem widersprach Gerhard S.: „Hier wird ständig erklärt, dass es aus diesen und jenen Gründen nicht geht. Wir wollen hören, Wie es mit 5 Millionen machbar ist – entweder will man oder man will nicht.“ Dr. Michaela S. musste schon leblose Kinder reanimieren und vertritt die Meinung: „Schwimmen lernen ist kein Luxus, Skifahren ist es, Schwimmen ist lebensnotwendig“. Schwimmlehrer Franz E. bedankte sich bei Gemeinde und Zugspitzressort, dass man heuer dort Kinderschwimmkurse abhalten konnte, hielt aber auch fest: „eine Dauerlösung ist das nicht“.

.... UNMUT. Gerda W., die schon in den 1960er-Jahren an Gäste vermietet hat und damit zur Tourismus-Aufbau-Generation zählt, wünscht sich mehr Einsatz vom TVB für den Erhalt des Bades: „Die Bevölkerung braucht das Bad. Die Kleinvermieter brauchen das Hallenbad!“ Weitere Wortmeldungen kritisierten das Nein vom Land zur Badförderung. Und auch die immer wieder genannte Therme Reutte sei wegen Überfüllung samt Eintrittsstop an Schlechtwettertagen und ständigen Staus auf der B179 keine Schwimm-Alternative, auch wenn es das nächste Bad im Bezirk ist.

FAZIT BÜRGERMEISTER. Am Schluss der Veranstaltung hielt Bürgermeister Köck fest, dass noch keine Entscheidung getroffen ist. „Wir brauchen eine genaue Kostenaufstellung beider Varianten.“ Schätzungen reichen nicht. Außerdem betonte er: „Der Konsens mit dem TVB ist nötig. Nur gemeinsam gelingt eine Lösung.“

Kommentar: (K)Einen Schritt weiter?!

Nach Unterschriftenaktion und Demonstration Anfang des Jahres war auch die Gemeindevollversammlung letzte Woche ein eindeutiges Signal an die Verantwortlichen: Für einen großen Teil der Bevölkerung ist das Ehrwalder Hallenbad enorm wichtig. Man will keinen Luxus-Neubau, der die Gemeinde Ehrwald womöglich in eine teure Schuldenfalle treibt, sondern eine behördlich genehmig-te Sanierung samt Weiterbetrieb. Dank engagierter Gemeinderäte und auch TVB-Mitarbeiter liegen nun zwei Vorschläge für die „Weiterverwendung des Gebäudekomplexes Hallenbad“ auf dem Tisch: eine Variante mit Wasser und eine ohne Wasser. Beim genauen Hinschauen entdeckt man sogar einige Gemeinsamkeiten in den Vorschlägen. Knackpunkt beider Varianten ist die genaue Kostenaufstellung. Eine Schätzung reicht nicht. Hier ist man keinen Schritt weiter. ALLE Freizeitbetriebe (nicht nur das Hallenbad) UND Alternativpläne verursachen Kosten, die es in diesen herausfordernden Zeiten zu stemmen gilt. Auch die Zusammenarbeit der Befürworter und Gegner des Bades klappt noch nicht wirklich reibungsfrei. Nach wie vor lenken gegenseitige Unterstellungen von der Lösungsfindung ab. Selbst wenn manche von diesen zutreffen sollten, helfen uns diese in der Sache nicht weiter. Die Tourismus-Aufbau-Generation hat gezeigt, wie es geht: mit Fleiß, Sparsamkeit und gemeinsamem Willen hat man aus einer Notstandregion eine blühende Tourismus-Landschaft gemacht. Profitiert haben der große Unternehmer wie auch der einfache Bürger. Damit nun aus einer „Erschließungsgesellschaft“ keine „Abriss-“ oder „Verwertungsgesellschaft“ wird, müssen wir uns wieder auf diese alten Tugenden besinnen. Nur gemeinsam geht für alle was weiter!

Juliane Wimmer, Freie Mitarbeiterin RUNDSCHAU REUTTE


Weitere wichtige Infos der Gemeindeversammlung:

(jw) • über die „GemToGo“-App gibt es alle Infos und Neuigkeiten direkt aufs Handy • der Bürgermeister plant, die Bürger zum Thema „Windkraft“, das vom Land Tirol hoch gefördert wird, zu befragen • die kommende Parkraumbewirtschaftung sieht eine 50-Euro-Jahres-Karte für Einheimische vor • der Eislaufplatz erhält (finanziert von TVB & Gemeinde) eine neue Bande • der Mitteltrakt der Schule erhält eine PV-Anlage; es wurden Black-Out-Notaggregate angeschafft • Anna Paulweber vom LIV Care Management ist die erste Ansprechpartnerin und Koordinatorin für Pflege und Betreuung im Bezirk Reutte (Tel. 0043/664 1177 458) • die Wartezeit auf einen Pflegeheim-Platz beträgt derzeit 2 bis 2,5 Jahre • für Trinkwassersicherung und Kanalsanierungen muss Ehrwald in den nächsten zehn Jahren ca. 8 bis 10 Millionen Euro investieren • der Wohnraumbedarf in Ehrwald ist hoch, deshalb plant die Gemeinde mit dem gemeinnützigem Bauträger WE eine Kleinwohnanlage im Neubaugebiet Schmiede (gesonderte Info-Veranstaltung in Planung).

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