Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Gelungene Wiederbelebung eines uralten Kraftortes

Gartenfest zum Abschluss der Restaurierungsarbeiten an „Floras Haus” in Schattwald

Der Stuttgarter Architekt Jürgen Hess, der immer wieder den Sommer in Schattwald verbracht hatte, lernte „Floras Haus“ bereits vor ca. 20 Jahren kennen. Auf der Suche nach einem alten Gebäude, das vor dem Abriss bewahrt und originalgetreu revitalisiert werden sollte, wurde er auf dieses „besondere Haus“ aufmerksam und entschloss sich, diesem ein neues Leben einzuhauchen.
1. August 2023 | von M. Färber
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Von M. Färber
Es ist ein einzigartiges Objekt mit langer Geschichte. „Floras Haus“, das in der Bevölkerung nach seiner letzten Bewohnerin, Frau Florentine Schlierenzauer, so benannt wurde, stand seit gut 50 Jahren leer. Zeitungen und Kalenderblätter aus dem Jahr 1972 deuten darauf hin. Nach einem erfolgten Lokalaugenschein und einer Altersbestimmung zeigte sich, dass sich die Bausubstanz in einem unerwartet guten Zustand befand. Es waren keine Spuren von Feuchtigkeit, Schädlingen oder Pilzbefall festzustellen. Im Dezember 2021 gründete Hess eine GmbH und erwarb das Haus. Am 23. Mai 2022 erfolgte der Beginn der Restaurierungsarbeiten, die nun größtenteils abgeschlossen sind. Zielsetzung des Architekten war es, keine eigene „Handschrift“ zu hinterlassen, sondern so behutsam wie möglich und mit geringstem Aufwand das Vorgefundene wieder nutzbar zu machen.

„FLORAS HAUS“. hat eine lange Geschichte, wie eine dendrochronologische Untersuchung der ca. 25 cm dicken Holzbalken im ehemaligen Stallgebäude ergab. Sie stammen aus den Jahren 1536 bis 1539. Damals endeten die Tiroler Bauernkriege und der Salzhandel lebte wieder auf. Der Transport von Hall in Tirol nach Augsburg und in den Bregenzer Raum erfolgte vorerst noch über die Via Claudia Augus-ta. Der fast gleichzeitige Ausbau des Gaichtpasses und des Oberjochpasses – eine Idee des Grafen Montfort – schuf eine Abkürzung, auf der die von kräftigen Norikerpferden gezogenen Salztransporte künftig emsig hin- und herpendelten. In der Folge wurden zahlreiche Pferdewechselstationen sowie Gast- und Wohnhäuser entlang der neuen Landstraße errichtet. Damals entstand auch „Floras Haus“.

AUS DER ZEIT GEFALLEN. Bei der Führung durch das Gebäude fasste Jürgen Hess die wichtigsten Schritte der Sanierung zusammen. Sie muss ein wahrer Kraftakt gewesen sein und war nur mit einem eingespielten Team möglich. Lediglich das Nötigste, z. B. ein eingesunkener Holzfußboden im Erdgeschoß, Teile des Badezimmers und die Toiletten wurden behutsam erneuert und nutzbar gemacht. Die relativ niedrigen Sanierungskosten von ca. 300.000 Euro erklären sich teilweise durch eine Förderung des Landes Tirol, aber vor allem durch die „geringaufwändige“ Arbeitsmethode: Statt Altes einfach durch Neues zu ersetzen, wurde zerlegt, restauriert und wieder zusammengesetzt, wie Hess am Beispiel der Fenster erläuterte.
Die Besichtigung der Innenräume gleicht einer Zeitreise: Der riesige grüne Kachelofen in der Stube, der voll funktionstüchtige Holzherd, die Schlafzimmer mit den alten Möbeln, Wandmustern, Elektroleitungen und die Werkstatt, die voll gestopft mit uralten bäuerlichen Gerätschaften ist – das alles versetzt nicht nur in Staunen, sondern wirft auch Fragen auf: Wie gestaltete sich der Alltag vor 100 bzw. 150 Jahren? Und: Brauchen wir wirklich alles, was wir heute besitzen?

DIE ZUKUNFT VON FLORAS HAUS. Nein, „Floras Haus“ soll kein Freilichtmuseum werden. Angedacht ist es als außergewöhnliche Location für Kulturevents, Seminare, Workshops, Gartenfeste usw. Das Innere des Hauses bietet 30 Personen, der großzügige Garten zusätzlichen 50 Personen Platz. Vorstellbar ist auch eine Zusammenarbeit mit dem Alpengasthof Post in Form eines Catering-Services bei größeren Veranstaltungen. Jürgen Hess zeigte sich letztendlich aber sehr entspannt und „ergebnisoffen“, was die zukünftige Nutzung von „Floras Haus“ betrifft. „Es soll einfach leben!“, ist sein Wunsch.
Mit der abschließenden Ansprache des Schattwalder Bürgermeis-ters Wolfgang Ramp und der musikalischen Untermalung durch die heimische Musikkapelle wurde dieses einzigartige Gebäude offiziell in eine verheißungsvolle Zukunft „entlassen“.
Gelungene Wiederbelebung eines uralten Kraftortes

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