Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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Wenn die Glocken in Rom sind, wird geratscht

In Reutte und weiteren Außerferner Gemeinden wird der österliche Lärmbrauch gepflegt

Am Gründonnerstag fliegen die Kirchenglocken nach Rom und bleiben bis Ostersonntag stumm. Während dieser Zeit werden die Gläubigen mit sogenannten Ratschen zum Gebet gemahnt. Ratschen bestehen aus einem hölzernen Resonanzkörper. Mit einer Kurbel wird eine Walze betätigt, mit der wiederum Holzleisten angehoben werden. Schnellen diese zurück, erzeugen sie das charakteristische Geräusch.
8. April 2024 | von Sabine Schretter
Wenn die Glocken in Rom sind, wird geratscht
Frank Lutz mit einer der drei großen Ratschen unter der großen Glocke im Kirchturm von Sankt Anna. Foto: Eberle
Die Ursprünge des Ratschens, eines Lärmbrauchs, reichen bis ins Spätmittelalter zurück. Der Brauch wurde 2015 von der Österreichischen Unesco-Kommission in das Verzeichnis des nationalen immateriellen Kulturerbes in Österreich aufgenommen.
Auch in Reutte wurde der Brauch immer gepflegt, zumindest bis 2012. So erzählt es Klaus Eberle im Gespräch mit der RUNDSCHAU. „2012 verließ der beliebte Franziskanerpater Lorenz Reutte und das Ratschen geriet in Vergessenheit. Als die letzten Franziskaner 2014 aus Reutte weggingen, wurde nicht mehr geratscht.“ Schade, wie Klaus Eberle fand. Auf seine Initiative hin und mit Hilfe von Frank Lutz wurde der Osterbrauch in Reutte wiederbelebt. Seit 2021 wird in jedem Jahr am Karfreitag und am Ostersamstag wieder geratscht.

 
Wenn die Glocken in Rom sind, wird geratscht
Klaus Eberle (l.) und Sohn Sebastian, der stolz seine Handratsche zeigt. Foto: Eberle
REUTTENER BESONDERHEIT. Vor ihrem ersten Einsatz 2021 wurden die Ratschen zunächst vom Turm der Reuttener Sankt Anna Kirche geholt. „Frank und ich haben die Ratschen in Eigenregie restauriert. Zwei Nachmittage haben wir gebraucht, dann  waren die drei großen Ratschen wieder voll funktions- und einsatzfähig. Zu den großen Ratschen haben wir noch Handratschen, die die Kinder mit Begeisterung betätigen“, freut sich Klaus Eberle. Geratscht wird nicht nur in Reutte, sondern auch in mehreren Außerferner Gemeinden. „Da hat jede Gemeinde ihre ganz eigenen Rituale. Mancherorts gibt es Umgänge um die Kirche, man zieht durch den Ort oder geht von Haus zu Haus. Oft werden bestimmte Sprüche aufgesagt. Wir in Reutte ratschen immer vom Kirchturm“, erzählt Eberle. Insgesamt fünfmal rauf und runter heißt es an den beiden „Ratschentagen“ – jedesmal über 121 steile Stufen die 46 Turmmeter hoch. Geratscht wird am Karfreitag um 12 Uhr, zur Todesstunde Jesu um 15 Uhr und zum Betläuten um 20 Uhr. Am Karsamstag ertönen die Ratschen in Reutte um 12 Uhr, um 20 Uhr und um 20.45 Uhr vor der Osternacht. Mit Begeisterung sind Klaus und Frank und bis zu zehn Kinder dabei. „Oft fragen mich Kinder schon während des Jahres, ob sie wieder ratschen kommen dürfen. Es ist schön zu sehen, dass dieser Osterbrauch wieder gelebt und geschätzt wird. Nachwuchssorgen haben wir keine“, strahlt Klaus. Er ist übrigens nicht nur Ratscher, gemeinsam mit Frank Lutz ist er auch für die Beflaggung des Reuttener Kirchturms zuständig. Für ein Jahr sind die Ratschen nun wieder verstaut. Pünktlich zum Karfreitag ertönen die Reuttener Ratschen dann wieder vom Kirchturm.
Wenn die Glocken in Rom sind, wird geratscht
Ratschen tönen sehr laut, daher wird ein Gehörschutz getragen. Frank Lutz weist die beiden „Jung-Ratscher“ ein. Foto: Eberle

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