So war es früher - Ausgabe Reutte (KW 3/24)

Warum befindet sich zwischen zwei Fenstern im ersten Stock des altehrwürdigen Gasthauses „Post“ in Heiterwang ein weiteres Wirthausschild? Das kam so: Der aus Bichlbach Nr. 42 stammende Josef Gärtner reiste als Kleinhändler mit Seidenwaren durch Deutschland, Holland, die Schweiz, Ungarn und Polen, ehe er in seinem Heimathaus eine Tabakfabrikation gründete. Mit 26 Jahren heiratete er die Heiterwanger Brauereibesitzerstochter Brigitta Rainer. Der Ehe entsprossen 19 Kinder. Dort kaufte er nun das große Gasthaus „Zum weißen Rößl“ (heute Oberdorf Nr. 16) und richtete dort eine neue Tabakfabrik mit 15 bis 20 Beschäftigten ein. Die bestehende Gasthauskonzession vergab er an die „Postmichele-Familie“ (Gasthaus „Post“) jenseits der Ach und damit auch das Wirthausschild. In Nürnberg lernte Josef Gärtner die „Leonische Drahtfabrikation“ kennen und beschloss, in seinem Anwesen zusätzlich auch eine solche einzurichten. Er exportierte bis in die Schweiz und nach Frankreich. Die beiden Unternehmen blühten und führten zu erheblichem Wohlstand. Es folgten ein Großgeschäft mit Kolonialwaren in Augsburg in einem neu erworbenen Haus, der Einkauf als dortiger Bürger und der Aufstieg zum zweitgrößten Kaufhaus der Stadt. Dann kam das ereignisreiche Jahr 1809, das auch Tirol erschütterte und den wirtschaftlichen Niedergang nach sich zog. Doch es blieb ein bescheidener Wohlstand für die Familie Gärtner, den sie mit der Bevölkerung teilte. Am 15. November 1820 starb der tüchtige und mildtätige Unternehmer  Josef Gärtner mit 75 Jahren.