Rundschau - Oberländer Wochenzeitung
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So war es früher - Ausgabe Reutte (KW38/23)

19. September 2023 | von Peter Linser
So war es früher - Ausgabe Reutte (KW38/23)
Pfarrkirche Heiterwang, 1898.
1. Die Heiterwanger Pfarrchronik schildert einen Vorfall bei der Kirchenrenovierung 1890/91: „Die Arbeiten übernahm die Gemeinde, stellte aber nur eine Schnapsgesellschaft an. Es wurde mehr getrunken als gearbeitet und alle Lumpen von Berwang bis Reutte (Maurer) waren dabei. Der Heiterwanger Johann (!) Strobl vulgo „Näzl“ war auch ein solcher. Eines Tages fiel er von den Schalllöchern herunter auf den Friedhof ohne sich ein Bein zu brechen. Er fiel zwischen einen Kranz und eine Maltertruhe und schlug ein Loch in den Boden.“
Der „Außferner Bote“ (9.3.1933) meldete (rückblickend auf 1907): „Vergangene Woche wurde der Bauer Johann (!) Strobl im 79. (!) Lebensjahr nach kurzer Krankheit in die Ewigkeit abberufen. [...] Im Jahre 1891 fiel er bei einer Kirch- turmreparatur aus der Höhe der Schalllöcher vom Gerüst 20 Meter tief auf den Friedhof, kam aber mit leichten Verletzunge davon.“
2. Im „Neuen Außferner Boten“ vom 10. 3. 1937 ging die Geschichte weiter: „Bewusstlos blieb er zwischen den Grabkreuzen im Friedhof liegen. Bei der Kirche ging eben der Briefträger vorbei. Er sah den Mann stürzen und lief eiligst zum Pfarrer. Was sollte da auch sonst noch nützen, dachte sich der erschrockene Mann. Wie staunten aber die guten Dorfleute, als sich der „Gipflnaz“ bald von seinem un- heimlichen Sturz erholte und noch mehr staunten sie, als Nazl bald wieder völlig heil und gesund an die Arbeit ging.
Der liebe Ignaz wird sich nachher wohl selbst manchmal gewundert haben, dass er noch lebte und nicht an einem Grabkreuz hängen geblieben war oder sich Hals und Bein gebrochen hatte.
Als der „Gipflnaz“ schon alt war, quälte ihn ein Augenleiden so heftig, dass er zum Arzt gehen musste. Dieser fragte ihn unter anderem, ob er nicht einmal gefallen sei. Darauf der Nazl: „Na, Herr Doktor, miar ischt do nix erinnerlig.“ Der Nazl kommt heim, setzt sich in der Stube aufs Kanapee. Auf einmal greift er sich an den Kopf, springt auf und sagt ganz aufgeregt: „Ja freilig bin i g’falle, Herr Doktor, freilig g’falle, vom Kircheture bin i ache g’falle, fallt mir erscht ietzt ei!“
3. Eintrag im Heiterwanger Sterbebuch (Tom.IV, fol.25): „Ignaz Strobl, Haus Nr. 49, geb. 16. 12. 1814, verh. mit Ursula Feneberg, gest. 7. 10. 1907 an Altersschwäche, fiel im Jahre 1891 bei der Turmrestauration aus der Höhe der Schalllöcher, ohne sich ernstlich zu verletzen, et vivit multos annos“ (= er lebte noch viele Jahre).
4. Conclusio: Als der Nazl vom Turm fiel, war er 76 Jahre alt, als er ohne ernstliche körperliche Gebrechen starb, war er fast 93 Jahre alt. Viele Schutzengel? Gute Gene? Mehr Glück als Verstand? Zufall? Schicksal? Das Heiterwanger Klima? ...

Peter Linser

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