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Telfs beseitigt nationalsozialistische Spuren

Gemeinderat stimmte mit 19:2 Stimmen zu, zwei Straßennamen, die an Nationalsozialisten erinnern, umzuändern

Vor 75 Jahren endete Hitlers Gewaltherrschaft, Spuren des blutigen Nationalsozialismus sind noch vielerorts vorhanden. In Telfs versucht man, die schlimme Vergangenheit aufzuarbeiten. Bei der jüngsten Gemeinderatssitzung am vergangenen Donnerstag wurde die Umbenennung der „Franz-Stockmayer-Straße“ in „Walter-Pichler-Straße“ und des „Norbert-Wallner-Weges“ in „Ruth-Drexel-Weg“ beschlossen. Gemeindevorstand Michael Ebenbichler (FPÖ) votierte für die Namensänderung bei der Stockmayerstraße, beim Wallner-Weg aber dagegen. FPÖ-Ersatzgemeinderat Wolfgang Mader stemmte sich gegen beide Umbenennungen.
12. Mai 2020 | von Gebi G. Schnöll
Telfs beseitigt nationalsozialistische Spuren
In Telfs werden nun zwei Straßen umbenannt. Aus der „Franz-Stockmayer-Straße“ wird die „Walter-Pichler-
Straße“ und aus dem „Norbert-Wallner-Weg“ der „Ruth-Drexel-Weg“. Mit der Maßnahme will der Gemeinderat einen wesentlichen Beitrag zur Aufarbeitung der schlimmen Geschehnisse unter Hitlers NS-Regime leisten. Fotos: Archiv/Fotomontage: Annette Hagele
Von Gebi G. Schnöll

Franz Stockmayer war während der NS-Zeit NSDAP-Ortsgruppenleiter und Bürgermeister in Telfs, der Volksliedsammler Nobert Wallner verfasste antisemitische und kriegsverherrlichende Lieder. Beide waren überzeugte Nationalsozialisten. An Franz Stockmayer erinnert der gleichnamige Weg in St. Georgen, an Norbert Wallner der nach ihm benannte Weg nördlich des Telfer Ortszentrums. „Seit Jahren bekommen wir zu diesen Straßennamen kritische Anfragen. Das Gedenkjahr an das Kriegsende vor 75 Jahren war jetzt ein guter Anlass, das Thema anzupacken“, erklärte der Bürgermeister zum Tagesordnungspunkt. Und er betonte, dass die Umbenennung die konsequente Fortsetzung des Weges ist, den man in der Gemeinde mit der Anbringung von Informations- und Mahntafeln am Telfer Rathaus und im Trausaal – beides sind Repräsentationsbauten des NS-Regimes – im Vorjahr beschritten hat. Härting wies aber auch darauf hin, dass einige Bewohner der Straßen über die Adressenänderung nicht glücklich sind, weil die Umänderung Unannehmlichkeiten mit sich bringt. Er versicherte aber, dass den 143 betroffenen Haushalten von Gemeindeseite keine behördlichen Kosten entstehen werden. Den Aufwand für die Gemeinde durch die Aktion bezifferte der Bürgermeister mit circa 5.000 Euro. 

KRITIK. Kritisch sieht man die Namensänderungen im FPÖ-Lager. Gemeindevorstand Michael Ebenbichler räumte ein, „dass es eine schlimme Vergangenheit gibt, die man auch nicht vergessen darf“,  er äußerte aber vor allem zur Umbenennung des „Norbert-Wallner-Weges“ Bedenken und er kritisierte die Vorgangsweise der Gemeinde. „Die Bewohner hatten zu wenig Zeit, um sich zum Thema zu informieren und sie sind in die Umbenennungsdebatte nicht einbezogen worden“, so Ebenbichler. Vize-Bürgermeisterin LA Cornelia Hagele (WFT), meinte, dass es endlich an der Zeit sei, ein Zeichen dieser Art zu setzen, Vize-Bürgermeister Christoph Walch (Grüne) unterstrich: „Straßenbezeichnungen sind Ehrenbezeichnungen. Es wäre das absolut falsche Symbol, wenn nachfolgenden Generationen vermittelt würde, dass diese Repräsentanten des NS-Regimes in Telfs einen Straßennamen verdienen!“ Walch zeigte sich auch darüber erfreut, dass mit dem „Ruth-Drexel-Weg“ die Frauenquote bei den Telfer Straßen erneut gestiegen ist. 

KEINE KOSTEN FÜR DIE BÜRGER. Der neue Namensgeber Walter Pichler (1936 bis 2012) ist in Telfs aufgewachsen und er war ein Maler und Objektkünstler von Weltruf. Ruth Drexel (1930 bis 2009) war las Regisseurin und Schauspielerin eng mit den Tiroler Volksschauspielen verbundenen. Ihre Wahl für diese Auszeichnung sei zeitgemäß und ein längst fälliges Zeichen der Wertschätzung für die beiden Künstler, unterstrich Bürgermeister Christian Härting. Bei der Abstimmung votierten 19 Gemeinderäte für die Namensänderungen. Gemeindevorstand Michael Ebenbichler stimmte der Umbenennung der Stockmayer-Straße zu, aber beim Wallner-Weg dagegen. FPÖ-Ersatzgemeinderat Wolfgang Mader war als einziger Mandatar in beiden Fällen gegen die Namensänderung. Die Umbenennung und die Änderungen im Melderegister werden Gemeindemitarbeiter in den nächsten Wochen vornehmen, die Bewohner brauchen von sich aus nicht aktiv zu werden, ihnen erwachsen behördlich keine Kosten aus diesen Vorgängen. Der entsprechende Bescheid wird zugestellt. Die Gemeinde informiert auch Institutionen wie die Post, die Polizeiinspektion, die Tiwag, die Gemeindewerke Telfs und das Bezirksgericht Telfs von der Änderung. Im Zuge der Umbenennung werden auch eventuell bestehende Unregelmäßigkeiten bei der Hausnummerierung reguliert.
Telfs beseitigt nationalsozialistische Spuren
Walter Pichler (Mitte) war Maler und Objektleiter von Weltruf. Das Bild zeigt ihn mit seinen Brüdern Helmut und Peter. Foto: MGT/Schatz
Telfs beseitigt nationalsozialistische Spuren
Ruth Drexel war als Schauspielerin und Regisseurin eng mit Telfs verbunden. Foto: MGT/Schatz

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