In einem modern umgebauten Bauernhaus in der kleinen Gemeinde Wildermieming leben und arbeiten die beiden Künstler Ursula und Dietmar Tiefengraber. Auf dem Boden kleben künstlerische Fotografien, gerahmte Federzeichnungen mit Textelementen und Gemälde hängen an den Wänden, im Garten stehen Installationen, ein Schlagzeug, Gitarren und Lautsprecherboxen warten darauf, bespielt zu werden: Sobald die Türschwelle des Ateliers überschritten wird, wird man förmlich in das ästhetische und schöpferische Reich des Wildermieminger Künstlerpaars eingesogen. Es ist eine Wärme und Verbundenheit spürbar, die von den Beiden genauso ausstrahlt, wie von den angesammelten Objekten, die sich in den Räumen befinden.
ETWAS IM BETRACHTER AUSLÖSEN. Obwohl die beiden Künstler ursprünglich aus der klassischen Bildhauerei und der Malerei kommen, sind sie mittlerweile in allen Kunstformen angekommen. Kennengelernt haben sich Ursula und Dietmar Tiefengraber in den Neunzigern. In den ersten Jahren arbeiteten sie noch getrennt voneinander, seit 1997/1998 jedoch gemeinsam – mit Konzeptkunst. „Wir wollten nicht mehr nur das ,Schöne‘ zeigen, sondern die Menschen zum Nachdenken bringen. Das war unsere Überlegung“, erinnert sich die gebürtige Wienerin, die in Wildermieming aufwuchs, an ihre Anfänge zurück. Seit damals ist es vorrangig der Sinn und Zweck ihrer Kunst, etwas in den Betrachtern auszulösen, seien es Trauer, Schmerz, Verwunderung oder Reflexion. So versendete das Paar für eine Ausstellung in der Dengel Galerie 2013 beispielsweise zwei verschiedene Einladungen, die erste lud zur Armensuppe, die zweite zum Gourmetbuffet mit Goldbesteck. Damit wollten die Künstler den Ausstellungsbesuchern ins Gedächtnis rufen, dass Reichtum nicht selbstverständlich ist und es Menschen gibt, die nichts von diesem Reichtum haben. Oder sie marschierten als organisierte Verteilerbande mit einem Megafon ausgestattet durch die Innsbrucker Altstadt und verteilten Wäscheklammern mit 50 Cent-Münzen. Verwunderte Gesichter inklusive. Provokation als Marketingstrategie ist dabei jedoch nicht ihre künstlerische Intention. Vielmehr gehe es um Authentizität, sagen sie. Das glaubt man nicht nur, man spürt es auch, wenn man mit ihnen spricht.
BRENNEN FÜR FREIHEIT UND KUNST. „Wichtig ist für uns Freiheit und Zeit“, sagt Dietmar Tiefengraber. Diese Zeit verbringen sie neben dem Schaffen von Kunst mit gemeinsamen Gesprächen, Klettern, Fahrradfahren und damit, das Leben zu genießen. Um in der Kunst wie im Leben frei sein zu können, gehen beide Künstler einem klassischen Erwerbsjob nach. Sich für die Kunst zu verkaufen, wollten sie nie. „Deshalb leben wir so minimalistisch wie möglich, damit wir überleben können“, ergänzt Ursula Tiefengraber. „Wir sind mit vielen Künstlern aufgewachsen und haben gesehen, wie sich manche verausgabt und aufgeopfert haben und heute ausgebrannt sind, das wollten wir nicht.“ Ursula und Dietmar brennen für ihre Kunst, aber auch für ihre Freiheit.
AKTUELLE AUSSTELLUNG. In der Zeit von 7. bis inklusive 30. Juni 2024 sind die Wildermieminger Künstler Ursula und Dietmar Tiefengraber mit ihrer Konzeptkunst Teil der aktuellen Ausstellung (gemeinsam mit Hannes Metnitzer und Barbara Votik) im Kunst-Werk-Raum in Untermieming.
Während der Pandemie arbeiteten die Künstler an diesen 36 Federzeichnungen und 36 Texten, die sie unabhängig voneinander anfertigten. RS-Foto: Zacke